Leider verlor Innsbruck die Spur kurz vor dem Ziel aus den Augen

FC Tirol Innsbruck – Celtic Glasgow, Teil 2

Leider verlor Innsbruck die Spur kurz vor dem Ziel aus den Augen

Wieder nur Außenseiter – 20 Jahre später kam es in der UEFA Cup Qualifikation in der Saison 1997/98 zu einer Neuauflage des Städteduells Innsbruck vs. Glasgow. Und auch diesmal wurden die Schotten favorisiert. Die Saison hatte für den damaligen FC Tirol nicht gerade ideal begonnen. Didi Constantini musste nach einer Niederlagenserie zu Saisonbeginn zurücktreten. Nachfolger: Sein ehemaliger Co-Trainer Heinz Peischl. Die Erinnerungen an das erste Aufeinandertreffen dürften zumindest auf der Insel schon ziemlich verblasst sein, meinte doch Celtic Trainer Wim Jansen nach der Auslosung:„Ich weiß von Tirol nichts, aber wir können wohl weiterkommen. Es wird sicher eine angenehme Reise.“ Zumindest in diesem Punkt sollte er sich täuschen. Denn die Anreise nach Innsbruck gestaltete sich für die „Bhoys“ ziemlich langwierig. Mit ganzen sieben Stunden Verspätung landete ihr Flieger am Abend vor dem Spiel in Innsbruck.

“Wandelt auf den Spuren Eurer Väter“

Schon vor dem Spiel, gaben die Fans der Tivoli Nord die Marschrichtung für diese Partie vor. „Wandelt auf den Spuren eurer Väter“ – das Spruchband auf der Nordtribüne, bedurfte keiner weiteren Erklärung. Und die „Nachfahren“ der großen Wacker Legenden der 70er Jahre nahmen diesen Auftrag auch dankend an.
Von der ersten Minute an zelebrierte die Peischl-Elf eine Europacupgala am Tivoli. Schon in der 10. Minute landete der Ball im Tor der Schotten, aber der Treffer von Kirchler wurde wegen vermeintlichen Abseits aberkannt. Es dauerte nun bis zur 21. Minute bis Mayrleb, die gesamte schottische Abwehr austanzend, endgültig für das 1:0 sorgte. Per Heber erhöhte er nur sieben Minuten später nach einer wunderschönen Direktkombination auf 2:0. Abermals war Celtic Torhüter Gould bezwungen und MacMoarli geboren! Die Innsbrucker spielten sich in einem absoluten Rausch.

Der Pausenpfiff brachte nicht nur den Schotten eine willkommene Verschnaufpause. Doppeltorschütze Mayrleb musste sich umgehend in der Kabine übergeben. Nicht genug: Die halbe Mannschaft litt an diesem Abend an einer Magenverstimmung. Schuld war wohl ein nicht mehr ganz so frischer Kaiserschmarrn. Aber das war kein Grund in Halbzeit zwei einen Gang runterzuschalten. Brzeczek und Kirchler kamen zu weiteren Großchancen, nur Celtic Goalie Gould konnte einen höheren Rückstand für seine Mannschaft verhindern. Umso bitterer der Anschlusstreffer für die Schotten in der 82. Minute durch einen abgefälschten Schuss!
Spätestens nach diesem Spiel war wohl jedem klar, dass sich diese Mannschaft in Glasgow sicher nicht verstecken müsse. Einer der legendärsten aber auch tragischsten Europacupauftritte einer Innsbrucker Mannschaft stand bevor.

Tivoli (6.700)
FC Tirol: Tschertschessow; Tangen, Knavs, Prudlo, Kirchler, El Dahab, Brzeczek, Severeyns (75. Ylmaz), Marasek, Mayrleb, Vulic (58. Krinner)

Das verrückteste Spiel aller Zeiten

Die Devise für das Rückspiel war klar: „Keine Angst zeigen und kämpfen bis zum Umfallen“. Denn Trainer Heinz Peischl wusste: Den knappen 2:1 Vorsprung konnte Celtic mit 50.000 leidenschaftlichen Fans im Rücken jederzeit aufholen. Stani Tschertschessows trockener Kommentar zum erwartenden Hexenkessel „Ich spiele lieber vor 120.000 als vor 50.000“. Eine Unglück bringende Aussage: Bereits nach 19 Minuten musste er mit einem Muskelfaseriss ausgetauscht werden. Für Stani kam der damals erst 21-jährige Heinz Weber ins Spiel.

Die Schotten begannen wie erwartet sehr offensiv, blieben aber vorerst immer an der disziplinierten Innsbrucker Verteidigung hängen. Im Gegenzug konnte Severeyns seine Möglichkeit auf das 1:0 nicht nützen. In der 34. Minute gingen die Schotten schließlich in Führung. Doch abermals schlug Celtic-Schreck Christian Mayrleb zu und sorgte nur fünf Minuten später für den Ausgleich. Kurz vor der Pause sorgte Thom durch einen Freistoß für die erneute Führung für die Schotten. Henrik Larsson steuerte ebenfalls einen Treffer bei: Mit einem wunderschönen Eigentor stellte der Schwede auf 2:2. Eine turbulente erste Halbzeit ging zu Ende. Dreiviertel der gesamten Spielzeit waren absolviert und der Außenseiter aus Innsbruck stand zu diesem Zeitpunkt mehr als verdient in der Hauptrunde des UEFA Cup.

Drama in den Schlussminuten

Die letzten und entscheidenden 45 Minuten begannen und damit eine wahre Achterbahn der Gefühle. Zuerst zogen die Schotten mittels eine Doppelschlages innerhalb zwei Minuten auf 4:2 davon. Donnelly (69.) per Elfmeter und Burley (70.) schienen für die Gastgeber alles klarzumachen. Europacupträume ausgeträumt? Doch auch damals hieß es: Innsbruck gibt nicht auf! Gernot Krinner kam für Michi Baur ins Spiel und mit seinem ersten Ballkontakt erzielte er das 4:3 in der 82. Minute! Mit diesem Spielstand war plötzlich der Underdog aus Tirol wieder weiter. Nur acht Minuten fehlten zur zweiten großen Sensation gegen Celtic Glasgow. Doch in der Schlussphase erhöhten Donnelly (88.) und Burley (96.) auf 6:3 und warfen die Innsbrucker aus dem Bewerb.

Die Enttäuschung war unbeschreiblich. 180 Minuten lang die bessere Mannschaft und trotzdem ausgeschieden. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja 2017 nach 20 Jahren wieder einmal die Chance zur Revanche. Es wäre nicht das erste Europacupwunder am Tivoli.

Celtic Park (48.000)
FC Tirol: Tschertschessow (19. Weber); Tangen; Knavs (78. Jochum), Prudlo, Marasek; Baur (81. Krinner), Brzeczek, El Dahab, Kirchler; Mayrleb, Severeyns

{authorinfo}