Wirtschaftlich war die Saison 1999/00 für Präsident Martin Kerscher und dem damaligen FC Tirol Innsbruck mehr als dramatisch. Die Zuschauermassen im letzten Drittel der Meisterschaft und der sensationelle Titelgewinn, der am letzten Spieltag mit einem 2:1 Erfolg gegen Austria Wien eingefahren worden war, schienen die Manager des Tiroler Traditionsvereins regelrecht zu blenden. Zu sehr genossen sie das Bad im Jubelmehr der Altstadt zu Innsbruck.
Über 50.000 Fans waren am kühlen Maiabend derart heiß, dass die Annasäule zu schmelzen drohte und DJ Ötzi animierte die Menge mit „Bier trinken – Bier trinken und prost ihr Säcke“.
Ein Jahr später wurde der Titel erneut gefeiert, aber weit weniger emotional. Der FC Tirol Innsbruck war „reifer“ geworden. Aber am oberen Ende der „Flasche“ war der Korken schon weit mehr als porös. Ein Anzeichen, dass der Verein bald bricht, aber wirklich zu begreifen, schien das niemand.
Sehr stark begonnen – noch stärker nachgelassen
Wir erinnern uns: In der Saison 1999/00 waren wir der Meister ohne Zaster. Doch statt auf die Bremse wurde das Gaspedal noch einmal voll durchgetreten. Und so präsentierte man mit Brzeczek, Streiter, Panis und Harasser vier Neuzugänge. Außerdem kam der in Wien Favoriten unglückliche Patrik Jezek im Herbst zurück und im Winter wurde für den verletzten Stani Cherchesov Marc Ziegler engagiert. Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt sich früher oder später: Wer mit dem Feuer spielt
Zum Auftakt der Saison 2000/01 gab es gleich einmal eine Gala. Admira Wacker wurde mit 6:1 aus dem altehrwürdigen Tivoli geschossen. Dabei netzte „Radogoal“ Gilewicz gleich viermal ein. Aber dann kam Sand ins Innsbrucker Getriebe und nach dem ersten Meisterschaftsviertel betrug der Rückstand auf die Tabellenspitze bereits stolze neun Punkte.
Abschied mit Wehmut
Aber das vorletzte Spiel dieses ersten Viertels der Saison war ein ganz besonderes. Zu Eintrittspreisen wie anno dazumal platzte beim letzten Bundesligaspiel auf dem legendären Tivoli das Stadion aus allen Nähten. Den nötigen Rahmen zum Abschiedsspiel bot der Kultgegner aus der Mozartstadt Austria Salzburg. Der Choreographie http://www.tivoli.ade folgte eine schwarz-grüne Galavorstellung und den Fans blieb der Tivoli mit einem 2:0 Erfolg in Erinnerung. Vergessen kann man dieses Stadion ohnehin nie und für die, die es noch einmal in Erinnerung rufen wollen: Geschichte des Tivolistadions
Nach dem Schlusspfiff am alten Tivoli folgten zu Klängen von „Time to say Goodbye“ Tränen ohne Ende. Stühle wurden abgeschraubt, Mauerstücke als Souvenirs eingepackt und eine halbe Stunde nach Ende des Spiels waren die Tribünen immer noch nicht leer. Alte Liebe rostet eben nicht!
Trendumkehr
Nach einer unglücklichen Niederlage in Hütteldorf folgte die Eröffnung im neuen noch namenlosen Stadion, abermals gegen Rapid Wien. Schon Wochen vor dem Spiel war dieses ausverkauft. Über 18 000 Fans peitschten ihre Mannschaft nach vorne. Als alles mit einem torlosen Unentschieden rechnete, netzte Maxl Scharrer zum erlösenden 1:0 über den selbsternannten Rekordmeister ein: ein Startschuss zur richtigen Zeit. Nur schienen viel Fans dem alten Tivoli noch nachzutrauern. Denn es dauerte noch lange, bis das neue wieder voll wurde. Auch gab es die eine oder andere Panne beim Kartenverkauf oder beim Einlass.
Sportlich taten sich die Innsbrucker weiter schwer. In der Südstadt folgte die einzige Saisonniederlage gegen die Admiraner und auch sonst wurde das Glück des Öfteren strapaziert. Aber wie ein Regenwurm schlängelte sich der Tiroler Traditionsklub nach oben und der Rückstand auf die Wiener Veilchen betrug plötzlich nur mehr vier Punkte und als in der vorgezogenen ersten Frühjahrsrunde erneut die Admiraner mit einem 5:0 regelrecht vernichtet wurden und auch die nächsten beiden Spiele in Hütteldorf und in Ried gewonnen wurden, standen die Räder der Tiroler auf der Überholspur. Der Rückstand auf Rapid war nur noch auf ein Pünktchen geschrumpft. Heimkehrer Patrik Jezek befand sich in einem Spielrausch und so konnte man beruhigt in die Winterpause gehen.
Dampfer geht Richtung Titelverteidigung
Das Schiff wankte, aber kenterte nicht. Noch einmal sollte es Schlagseite bekommen. Gegen den Tabellenletzten LASK gab es den ersten Punkteverlust im neuen Tivoli und prompt darauf folgte gegen Austria Wien die erste Niederlage an neuer Wirkungsstätte. Aber entgegen der Titanic schrammte man keinen Eisberg, sondern steuerte den Kahn in eine Strömung nach oben und durfte sich so bald über einen Vorsprung von sieben Punkten freuen. Trotzdem blieb man im Lager der Innsbrucker voll konzentriert.
Seine Meisterprüfung erledigte der FC Tirol Innsbruck beim Heimspiel gegen SK Sturm Graz. Ein „außerirdischer“ Patrik Jezek sicherte den Innsbrucker in der 80. Minute das 2:0, nachdem er schon den ersten Treffer vorbereitet hatte. Danach war der ausverkaufte Tivoli ein wahres Tollhaus. Mittendrin ein überglücklicher Stephan Marasek, der nach Schlusspfiff einen Strip hinlegte und wahrscheinlich noch immer den inoffiziellen Weltrekord im 400 Meterlauf in der Unterhose inne hat.
Die Gala in Wien Favoriten war nur noch Draufgabe. Die rund 800 mitgereisten Fans feierten vor Ort und gratulierten der heimischen Austria auf ihre Art zum fünften Platz. Die Mannschaft düste im Flieger zurück und wurde im Tivoli von Tausenden frenetisch empfangen. Bei vielen Fans mischten sich aber Sorgenfalten unter die Freudentränen. Die Gründe dafür erfahren wir im nächsten Teil.
Der Kader in der Saison 2000/01:
Cherchessov, Harasser, Ziegler, Weber, Kogler, Prudlo, Wazinger, Persson, Panis, Sara, Zwyssig, Ibertsberger, Grumser, Barisic, Baur, Schiener, Köck, Alfr. Hörtnagl, Marasek, Anfang, Kirchler, Sidibe, Brzeczek, Scharrer, Glieder, Gilewicz, Jezek, Sanou